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30 Mär. 2004, Deutschland
 
Rückenschmerz ade!
Innovationswettbewerb zur Förderung der Medizintechnik 2003
 
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Einen dreidimensional bewegten Sitz für gehbehinderte oder gehunfähige Menschen entwickelt ein Team, bestehend aus einer Erfinderin aus Aachen und Medizinern und Ingenieuren der Universitäten Ilmenau, Jena und Saarbrücken. Aufgabe des neuartigen Geräts wird es sein, Rückenschmerzen zu lindern bzw. ihnen vorzubeugen. Auch bei nicht behinderten Menschen, die sich als LKW-Fahrer, Lokomotivführer oder Büromitarbeiter berufsbedingt wenig bewegen, könnte ein solcher Sitz den lästigen Rückenbeschwerden Einhalt gebieten. Das Projekt ist ein Gewinnerthema des diesjährigen Innovationswettbewerbs und wird nun vom BMBF für zwei Jahre mit rund 173.000 Euro gefördert.

Initiiert wurde das Projekt von der Erfinderin Gisela Schon aus Langerwehe bei Aachen. Es steht unter wissenschaftlicher Leitung von Prof. Dr. Hartmut Witte, Leiter des Fachgebietes Biomechatronik an der Technischen Universität Ilmenau. Das Team schafft in den kommenden zwei Jahren die konstruktiven Grundlagen für einen Stuhl, dessen Sitzfläche in allen drei Raumdimensionen zyklisch bewegt wird. Auf diese Weise soll das natürliche Bewegungsmuster des Beckens beim Gehen auf Rumpf und Rücken übertragen werden. Ziel ist es, durch diese Bewegungen Rückenschmerzen zu lindern und ihnen vorzubeugen. Insbesondere gehunfähige oder gehbehinderte Menschen würden von einem solchen automatischen Stuhl, den das Team "Spinemover" getauft hat, profitieren.

Bevor es jedoch zum Design und einer exakten technischen Auslegung dieser neuartigen Sitzgelegenheit kommt, liegt einiges an Forschung vor den Wissenschaftlern. Zunächst muss die Frage geklärt werden, ob die individuelle Beckenbewegung beim Gehen aus der Körpergröße oder anderen biometrischen Daten abgeleitet werden kann, denn das Feststellen des natürlichen Gangbildes ist bei gehbehinderten oder gehunfähigen Patienten nicht möglich. Also wird in einem ersten Schritt an der Universität des Saarlandes im Fachbereich Humanbiologie das individuelle Gangbild von 100 weiblichen und 100 männlichen gesunden Probanden vermessen. Insbesondere die Relativbewegungen von Beckenring und Schultergürtel werden registriert. In einem zweiten Schritt wird geprüft, ob der Spinemover mit Hilfe mechatronischer Module in der Lage ist, bei sitzenden Probanden die gleichen Rumpfbewegungen wie beim eigenen Gehen zu provozieren. Erst wenn das Verfahren hierbei sein Können unter Beweis gestellt hat, werden für gehbehinderte Patienten erste klinische Tests an der Klinik für Orthopädie der Universität Jena angeboten.

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Dabei ist der potenzielle Nutzerkreis groß: Neben Menschen, die dauerhaft gehunfähig sind, kann der Spinemover nach Überzeugung des Entwicklerteams auch bei der Rehabilitation von Patienten eingesetzt werden, die eine Hüft- oder Knieoperation hinter sich haben. Ebenso könnten Rheuma-Patienten, haltungsschwache oder an der Wirbelsäule erkrankte Kinder, Patienten mit allgemeinen Rückenschmerzen, Wirbelsäulenverkrümmungen oder Beckenschiefstand von dem neuen Verfahren profitieren. Denkbar wäre auch der Einsatz des Spinemovers in Seniorenheimen.

Das nun anlaufende zweijährige Schlüsselexperiment dient zunächst dem Nachweis, dass der Spinemover auf der Basis von biometrischen Daten ein individualisiertes Bewegungsbild auf den Rumpf des Nutzers übertragen kann. Erst in einem zweiten Schritt kann dann geprüft werden, ob der bewegte Sitz sowohl bei gehunfähigen Patienten als auch bei gesunden Probanden Rückenschmerzen lindert und vorbeugt. Ist diese Hürde geschafft, wird sich das System schnell ein großes Anwendungsgebiet erschließen: Rollstühle, Führerstandsitze (LKW, Lokomotiven, Schiffe, Flugzeuge), Bürostühle, Sessel für zuhause und Stehsitze. Sogar Sitze für das Weltraumprogramm ISS sind angedacht.

Ansprechpartner:

Gisela Schon, Mittelstraße 51, 52379 Langerwehe
Tel.: 02423 / 2667, E-mail: schon.gisela@vdi.de

Prof. Dr. Hartmut Witte, Technische Universität Ilmenau
Institut für Mikrosystemtechnik, Mechatronik und Mechanik, Fachgebiet Biomechatronik
Pf. 100 565, 98684 Ilmenau/Thüringen
Tel.: 03677 / 69 24 56, Fax: 03677 / 69 12 80, E-mail: hartmut.witte@tu-ilmenau.de

 
Quelle: Bundesministerium für Bildung und Forschung


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Autor: Harald Kviecien; Copyright: One Health Forum; Publiziert von: Harald Kviecien (kviecien)
factID: 151622.1; Publiziert am 30 Mär. 2004 12:45