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Diskriminierung am Arbeitsplatz: Sind neue legistische Maßnahmen notwendig?
 
Podiumsdiskussion über psychologische und juristische Aspekte von Mobbing

Mobbing ist Terror am Arbeitsplatz, der zu dauerhaften Schäden an der Psyche des Menschen führt: Depressionen, Sucht, Suizid. Mobbing ist eine feige Art, Menschen dazu zu bringen aus einer Gruppe auszuscheiden. Systematische Über- und Unterforderung, sinnlose und unwürdige Aufträge, Verbreitung von Gerüchten, Vorenthalten wichtiger Informationen, Verweigerung sozialer Kontakte. Am 17. 12. 2002 diskutieren Juristen und Psychologen über die Notwendigkeit von neuen legistischen Maßnahmen. Prävention und Information, darüber waren sich alle einig, sind vorrangig und zu intensivieren.

Niemand ist vor Mobbing sicher

„Mobbing kann jeden treffen. Auch junge engagierte Menschen sind nicht davor gefeit, Opfer zu werden. Die Angst ist sehr groß, dass der neue Kollege das bisherige Arbeitstempo in Frage stellt. Mit allen Mitteln wird versucht ihn wieder los zu werden.“, sagt Mag. Marion Venus, Arbeitspsychologin und fügt hinzu: „Mobbing ist eine ernst zu nehmende Sache. Betroffene leiden sehr darunter, mitunter viele Jahre und können die Folgen schwer bewältigen. Ohne psychologische Hilfe ist Heilung kaum möglich“. Durch die enormen Umbrüche unserer Zeit: Fusionen, Übernahmen, Restrukturierungen ist eine Zunahme von Mobbing zu beobachten, besonders betroffen sind Personen über 50, betont Prof. Dr. Rudolf O. Zucha, Sachverständiger für Organisationspsychologie.

Sind neue legistische Maßnahmen wünschenswert

Mobbing wirkt sich unweigerlich auf die Arbeitsfähigkeit des Menschen aus. Betroffene, sind am Ende und brauchen viel Zeit um wieder ins Arbeitsleben zurückkehren zu können. Es stellt sich also die Frage, ob das erlittene Leid und die entstandene Arbeitsunfähigkeit nicht entschädigt werden sollen, meint Venus. Hr. Dr. Stortecky, Leiter der Fremdenpolizei stellt dem gegenüber, dass Vorgesetzte in erster Linie die Verantwortung haben, es gar nicht zu Mobbing kommen zu lassen. Wenn jedoch Fälle von Mobbing eintreten, ist es schwer möglich, die Ursachen zu ergründen. Eine Verschärfung der Legistik, vor allem im Bereich des Strafrechts halte er nicht für sinnvoll.

disziplinär- und arbeitsrechtliche Maßnahmen sind möglich

Der Krankenhausbereich ist seit jeher durch seine Struktur schwer belastend für seine Mitarbeiter. Mobbing steht dort an der Tagesordnung. Langsam aber doch dringt diese Problematik in das Bewusstsein der Verantwortlichen. Der Wiener Krankenanstaltenverbund hat soeben eine Broschüre über Mobbing herausgegeben. „Vor 10 Jahre wäre das Bekenntnis zu dem Problem Mobbing noch undenkbar gewesen“, konstatiert Hr. Mag. Dr. Marzi, Leiter des Rechtsbüros des AKH und ergänzt: „disziplinär- und arbeitsrechtliche Maßnahmen sind möglich, wenn nachgeforscht wird“.

Dies bestätigen auch Fr. Mag. Smutny von der Gleichbehandlungskommission und Hr. Dr. Herbert Hopf vom Obersten Gerichtshof: Die rechtlichen Möglichkeiten, um gegen Mobbing vorzugehen sind durchaus gegeben. Verschiedene Gesetze könnten herangezogen werden: Die Arbeitsverfassung und das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch bieten die Grundlage. Erst kürzlich im Oktober 2002 habe der 8. Senat bestätigt, dass ein Arbeitnehmer gemobbt wurde. Sein Vorgesetzter hat falsche Informationen weitergeleitet, die zu ein Kündigung führten.

Mobbing Tagebuch führen

Um vor Gericht etwas in der Hand zu haben, empfiehlt es sich genaue Aufzeichnungen zu führen. Ein sogenantes Mobbing Tagebuch ist dabei sehr hilfreich, erklärt Fr. Dr. Klaar, Rechtsanwältin für Arbeitsrecht. Sie spricht sich gegen einen eigenen Mobbing Straftatbestand aus. Der Staat habe sich beim Strafen auf das Notwendige zu beschränken.

Psychologische Begleitung

Die meisten Mobbing Opfer sind nicht mehr in der Lage, gerichtliche Auseinandersetzungen zu führen. Mobbing ist psychische Gewalt und raubt den Opfern Kraft und Würde. „Betroffene brauchen so rasch als möglich psychologische Betreuung, damit sie die Kraft behalten dagegen aufzutreten und nicht auf Antidepressiva angewiesen sind und so ins nächste Problem abdriften, in die Sucht“, vertritt Venus. Klaar ergänzt: „den Unternehmen sollte organisationspsychologische Beratung nahegebracht werden.“

Prävention und Information

Größte Bedeutung kommt jedoch der Prävention und Information zu. Es soll erst gar nicht zu Verhältnissen kommen, wo Mobbing möglich wird. Neben guter Beratung, psychologischer Betreuung im Bedarfsfall und laufender Information über Möglichkeiten für den einzelnen ist eine Verbesserung der Rahmenbedingungen unerlässlich. Unternehmen müssen sich auf die Grundlagen von Wert und Würde des Menschen zurückbesinnen. Der Staat ist angehalten, den Unternehmern Raum und Möglichkeiten zu geben Profit wieder in seinem umfassenden Sinn zu verstehen: Wertschöpfung für Unternehmen durch gesunde Menschen in einer gesunden Wirtschaft. Der Staat hat die Pflicht, dafür zu sorgen, dass Verwaltung und staatsnahe Betriebe den Grundsatz der Würde des Menschen befolgen und mit gutem Beispiel voran gehen. Leider ist das Gegenteil der Fall.

Wir leben wohl in einer Zeit, in der Politik gänzlich seine schöpferische und gestalterische Kraft verloren hat. Das darf jedoch keine Ausrede sein. Jeder, ob Unternehmer oder Mitarbeiter hat die Möglichkeit in seinem Umfeld etwas zu bewirken. Mobbing kann nur funktionieren wenn die anderen zusehen.

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Autor: Harald Kviecien; Copyright: Harald Kviecien, kviecien oh services; Publiziert von: Harald Kviecien (kviecien)
factID: 116063.1; Publiziert am 18 Dez. 2002 16:09
 
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