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06 Mai. 2006, Hannover
 
„Lärm, das ist Gestank im Ohr!“
NMBG-Sonderveranstaltung zum „Tag gegen den Lärm“ auf der Hannover Messe
 
Schluss mit Lärm, NMBG Sonderveranstaltung Hannover Messe - 245521.1
Mit einer besonderen Informationsveranstaltung hat die Norddeutsche Metall-Berufsgenossenschaft (NMBG) am diesjährigen „Tag gegen den Lärm“ auf die Problematik aufmerksam gemacht. Ganz Ohr waren dabei über 180 Sicherheitsbeauftragte aus Mitgliedsbetrieben, als die Theatersport Improshow der Landesbühne Hannover, Hannovers Kabarettstar Matthias Brodowy und eine Experten-Runde das Thema auf der Hannover Messe humorvoll, emotional aber auch sachlich aufbereiteten.

„Lärm, das ist Gestank im Ohr!“ Brodowys Einleitung folgte die Begrüßung durch den NMBG-Vorstandsvorsitzenden Sönke Bock, der auf die nicht immer einfache Arbeit der Sicherheitsbeauftragten in den Betrieben hinwies. Man wisse deren Leistungen sehr wohl zu schätzen, weshalb die Veranstaltung mit anschließendem Messe-Rundgang auch als Dank dafür gemeint sei.

Als auflockernder Einstieg entpuppte sich dann die Improvisationsshow der Landesbühne Hannover. Deren tanz-, sing- und wortgeschulten Akteure hatten ihre eigene, begeisternde Art, mit dem Thema „Lärm am Arbeitsplatz“ umzugehen. Dabei setzten sie die Stichworte der Sicherheitsbeauftragten ebenso schnell wie überraschend in Szene. Einer fortlaufenden Geschichte mit dem Titel „Ohrenschmalz als Gehörschutz“ folgte der mit einer heißen Ohrmuschel kuschelnde Kuddel – spontan gesungen als „Seemanns-Jazz“. Echte Zukunftsmusik zudem in der Multisynchronszene (darin legt ein Akteur als Synchronsprecher seinen Kollegen Worte in den Mund, die diese dann spontan in Gesten und Mimik umsetzen müssen), in der die neue Auszubildende bei VW einen Touran direkt aus einem Aluminiumblock fräst.

Mitarbeiter einbinden!

Zwangsläufig ernster ging es anschließend in der Expertenrunde zu. Hier stellten zunächst die Sicherheitsfachkräfte Klaus Kasten (Faurecia, Stadthagen) und Peter Mrasek (Hubert Stüken GmbH, Rinteln) konkrete Beispiele aus der Lärmschutzarbeit in ihren Betrieben vor. So hat Faurecia am genannten Standort bereits vor sechs Jahren mit Unterstützung der NMBG ein Arbeitsschutz-Projekt aus der Taufe gehoben, zu dem auch die Erneuerung des Lärmkatasters und Aktualisierung des Lärmminderungsprogramms gehörte. „Es ist traurig, wenn viel Geld für Maßnahmen ausgegeben wird, die dann die Mitarbeiter gar nicht nutzen“, fasste Kasten die Ergebnisse der anfänglichen Analyse zusammen. Er betonte vor diesem Hintergrund, dass ohne die Einbindung der Mitarbeiter die meisten Maßnahmen nicht greifen.

Eine moderne Methode, bei der die Einbindung der Mitarbeiter an oberster Stelle steht ist die PIMEX Methode, die im Zuge dieser Aktion von der NMBG vorgeführt wurde. PIMEX ist eine Methode zum Messen und Visualisieren von Belastungen bei der Arbeit. arrow.png - 164746.4 PIMEX auf der Hannover Messe 2006

Ein ähnliches Fazit zog auch Mrasek, der sich in seiner Beschreibung auf die in Rinteln durchgeführten Lärmminderungsmaßnahmen an liegenden Stufenpressen aus den 60er und 70er Jahren konzentrierte: „Die beste Schutzverkleidung nutzt nichts, wenn die Bediener sie nachher zur Seite legen“. In Eigenregie wurde bei Stüken jede einzelne Maschine mit Hilfe von Dämmmaterial, Sandwichblechen und Sicherheitsglas kostengünstig um immerhin 6 db(A) leiser gemacht.

„Viele meinen, gut zu hören, aber sie verstehen nichts“, warnte Dr. Uwe Haßler, Arbeitsmediziner bei der VW AG in Hannover. „Wenn ständige Lärmeinwirkung die feinen Haarsinneszellen im Innenohr unwiederbringlich zerstört, können Betroffene einzelne Töne nicht mehr filtern. Gespräche in geräuschreicher Umgebung sind für sie dann kaum noch möglich.“ Dann helfe nur noch ein Hörgerät, eine Diagnose, die die Geschädigten zumeist als Schock erlebten. Einmal mehr im Verlaufe dieser Veranstaltung lenkte Dr. Haßler die Aufmerksamkeit auf Jugendliche und junge Erwachsene, die bereits mit Gehörschädigungen ins Arbeitsleben eintreten. Für den Arbeitsmediziner eine bedauerliche Konsequenz der zunehmenden Verbreitung von Walkmen und MP3-Playern unter Heranwachsenden. Noch drastischer seien die Folgen der Lärmschwerhörigkeit für davon betroffene Arbeitnehmer, wenn diese aus den lärmintensiven Bereichen heraus genommen werden müssten und dies mit dem Verlust des Arbeitsplatzes einhergehe. „Die Berufsgenossenschaft kann diesen Menschen keinen neuen Arbeitsplatz beschaffen“, warnte dann auch NMBG-Präventionsleiter Josef Diekmann.

Mit der Veranstaltung zufrieden zeigte sich Sönke Bock: „Die Erfahrung lehrt, dass man im Arbeits- und Gesundheitsschutz ständig motivieren muss“. Dafür eigne sich die Hannover Messe – dem Ort, an dem neue Maschinen und Herstellungsverfahren vorgestellt werden – besonders gut. Mit einem Tucholsky-Zitat schickte Moderator Brodowy die Teilnehmer abschließend auf ihren Messe-Rundgang: „Früher war der Lärm unerträglich, heute ist es die Stille“.

weiter Informationen: Lärm, ein Gesundheitsrisiko
 
Quelle: NMBG, KOHS


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Autor: Johanna Fuchs; Copyright: ohc; Publiziert von: Johanna Fuchs (fuchs_j)
factID: 245520.1; Publiziert am 06 Mai. 2006 22:37